05.06.2005 Radmarathon Rund in Holstein 4. Bikeschieberei Nordcup

Berichte der Mitglieder

Moderator: Moderator

Antworten
Jens

05.06.2005 Radmarathon Rund in Holstein 4. Bikeschieberei Nordcup

Beitrag von Jens »

Dieser Nordcup erforderte etwas mehr Vorbereitung als die Läufe zuvor. Zum einen nahm ich am Rad einige Veränderungen vor, zum anderen musste auch meine innere Einstellung zu der ganzen Sache neu überdacht werden. Schließlich sollte es sich vom Hörensagen nach um eine durchaus anspruchsvolle Strecke handeln, die einige Gemeinheiten beinhalten würde.

Vom Rad wichen die Carbon-Laufrädern welchen aus Alu, die Faltreifen verabschiedeten sich zu Gunsten einer pannensichereren Drahtreifenvariante. In der Satteltasche war nun neben drei Ersatzschläuchen auch noch Flickzeug vorzufinden und ein Schutzblech, welches die Optik nicht unerheblich beeinträchtigte wanderte an die Sattelstütze, nachdem deren Klemmbereich mit reichlich Tape vor Kratzern gesichert wurde. Das Scott war also “ready to race”.

Meine innere Einstellung überarbeitete ich in der Hinsicht, dass ich Regen nun nach dem Unwetter von Oeversee als normal ansah. Auch Platten gehören offensichtlich dazu, so dass auch diese nicht das Grämen nötig machten. Weiterhin sollte diesmal ganz klar die große 3 beim Stundenmittel deutlich auf dem Tacho stehen.

Der Spaß konnte folglich am Sonntag frühmorgens beginnen. Die Nacht zuvor nutze ich dann noch mal zur intensiven inneren Reinigung. Offenbar war die Wurst, die bei Vattern zuvor erst auf den Grill und dann in meinen Magen wanderte, ein wenig zu fettig gewesen. Wenn ich ehrlich bin, so kann ich es auch niemanden ernsthaft empfehlen, die Nacht vor einem Marathon auf dem Klo und nicht schlafend im Bett zu verbringen. Am Start war ich wohl dann auch etwas zerknautscht.

Glücklicherweise waren vor Ort genügend Helfer, so dass mich Organisator Bernd starten ließ und nur meine Freundin Maike als Helferin aktiviert wurde. Danke!

Meine Laune und mein Wohlbefinden hob sich aber als ich meinen Mitstreiter Sebastian aus Oldesloe und zahlreiche weitere bekannte Gesichter kurz vor der Startaufstellung erblickte. Eine Magentablette tat dann noch ein übriges und wir konnten Projekt „30er Schnitt“ anlaufen lassen.

Gleich am Start kamen wohl einige nicht so recht in ihre Pedalen und wir rollten langsam, zum Teil auch nur schiebend vom Gelände des Sportplatzes in Bordesholm. Diesmal war unsere Taktik eine andere, so versuchten wir nicht nur eine Gruppe mit unserer Geschwindigkeit zufinden, sondern formierten eine solche kurzen Hand selbst. Wir fuhren also ins vordere Mittelfeld, bildeten zwei Zweierreihen mit zwei weiteren Oldesloern und fuhren stur mit Tacho 30 km/h. Nicht schneller, aber eben auch nicht langsamer. Und siehe da es klappte. Immer mehr Fahrer reihten sich ein und eine große ca. 50 Fahrer starke Gruppe entstand, die unser Tempo fuhr. Unterwegs rissen wir dann noch Michael H. vom USC Kiel auf, der sich uns anschloss.

Alles lief gut. Hohenhorst, Loop, Eisendorf und andere Ortschaften flogen vorüber. Vorwiegend führte die Strecke über kleinere Straßen ohne großes Verkehrsaufkommen. Gerade als Sebastian und ich wieder in der Führung waren, rauschten wir an einem der Richtungspfeile vorüber und gaben so die Führung ab, denn erst mal galt es unfallfrei zu drehen. Wir gerieten folglich etwas in die hinteren Reihen, wenn man die denn so nennen kann, es herrschte wohl mehr kreative Vielfalt statt geordneter Zweierreihe. Es galt folglich wieder nach vorn zufahren, denn auch in Kurven wurde es manchmal nun bei dem Chaos ein wenig zu spannend.
Als wir die vierte oder fünfte Reihe erreicht hatten wurde es dann richtig brenzlich. Die Straßen waren nun noch kleiner und verwinkelter. Da es keinen Gegenverkehr gab wurden die Kurven zum Teil recht derbe geschnitten. Dann kam der Bagger - plötzlich und vollkommen unerwartet und von vorn. In den ersten Reihen wurden heftige Schlenker gefahren. Jemand bremste. Ein Hinterrad kam hoch. Dann der Stutz. Der erste ging zu Boden und nahm noch einen Fahrer vom RV-Germania mit. Geistesgegenwärtig setzte der Baggerfahrer sein Gefährt einfach in den Knick und verhinderte so wohl Schlimmeres. Wir blieben von allem verschont. Aber die Luft war schon raus. Alle hielten an, um nach den Gestürzten zu sehen - die waren aber schon wieder auf den Beinen. Einer der Unglücksraben setzte den Marathon meiner Meinung nach sicher fort. Wo der zweite Gestürzte ohne Helm dafür aber mit Stirnband geblieben ist weiß ich nicht.

In Wasbek bei Km 41,70 folgte die erste reichhaltige Verpflegung. Hier zerfiel die 50 Manngruppe und Sebastian und ich fuhren mit Siggi und Olli aus Oldesloe sowie Michael vom USC weiter. Einige weitere Fahrer schlossen sich uns an. Das Geläuf blieb zunächst ruhig und flach. Wir durchfuhren Ehndorf, Padenstedt und Aukrug. Dann kam Heikenborstel - der Grund, warum ich auf meine geliebten Carbon-Laufräder verzichtete. Kopfsteinpflaster pur. Na Malzeit! Mit Glück und Voraussicht erklomm ich allerdings den Bürgersteig und alles war wesentlich entspannter. Nach einiger Zeit erreichten wir in Bargstedt bei Km 70,60 die zweite Verpflegung und füllten die Tanks schnell wieder auf.

Zusammen ging es weiter, den ersten Höhenmetern der Strecke entgegen. Diese erreichten wir in der Umgebung von Tappendorf, wo auch die zweite Kopfsteinpflastereinlage lauerte. Pavé ole. Auch hier erwies sich die Bürgersteigtaktik als überlegen.
Im folgenden rauf und runter der Hügel zerfiel unsere Gruppe und dezimierte sich auf vier Mann. Als der Wind auffrischte versuchten wir aus der Not eine Tugend zumachen und begannen zu kreiseln. Wäre Michael nicht hellwach gewesen, hätten wir schon wieder beinahe einen der zahlreichen Richtungspfeile übersehen. Nun gut, der Kreisel hatte aber auch gerade eine schöne Geschwindigkeit aufgenommen. Er wurde aber sinnlos als wir abbogen und somit anders zur Windrichtung fuhren.
Zwischen Kilometer 83 und 97 erwischte uns der einzige Regenguss an diesem Tag. Es war sogar nötig anzuhalten und die Regenjacken überzustreifen. Die Schutzbleche machten sich nun bezahlt und sorgten zumindest für eine trockene Hose. Alles andere war in Minuten durch und durch nass. An einer Bushaltestelle sahen wir sogar Fahrer, die vor den Wassermassen Schutz suchten. Wir aber blieben standhaft und verminderten höchstens etwas das Tempo. Hierdurch konnten Olli und Sigi, die wir in den Hügeln verloren hatten aber wieder aufschließen. Hennstedt, Dammstedt und dann bei Kilometer 104,50 die nächste Verpflegung. Es war mittlerweile wieder trocken und die Jacken kamen in die Trikottaschen. Der Wind wurde aber heftiger.

Jevenstedt, Boistedt, Breiholz. Die Strecke wurde ebener. Die Straßen immer gerader und der Wind, ja der Wind war auch noch dar. Meist kam er direkt von vorn. Durch die geraden Straßen war oftmals der nächste Richtungspfeil gut in der Ferne sichtbar. Dies motivierte allerdings nicht wirklich, wenn man denn erkannte, dass er stur geradeaus in den Wind zeigte. Die wahrscheinlich sehr schöne Strecke direkt am Kanal wurde zur Nebensächlichkeit, denn es wurde hart gearbeitet, weil die große Drei fallen sollte und nun schien sie sich auf einmal doch ernsthaft zu wehren.
Eine weitere Überraschung folgte in Gestalt eines Plattenweges neben einem Kanalseitenarm, der an Qualität dem Pavé von vor einigen Stunden in nichts nachstand. Hätte ich nicht gewusst, wer die Strecke ausgesucht hatte, ich hätte geschworen, wir wären irgendwo falsch abgebogen. Einige verlangten nun nach Crossrädern oder MTBs, aber auch diese Tortur nahm ein Ende. Danke Bernd.
Was folgte war klar. Wind. Meist von vorn, direkt auf die Nase. Diese 33,90 Kilometer nach Hademarschen waren wohl die härtesten am ganzen Tag. Kam der Wind mal nicht von vorn, so bogen sich die Bäume meist nach links und schon bald zeige ein Pfeil nach rechts, so dass alles wieder beim Alten war. Der Mensch soll ja ein Gewohnheitstier sein, aber was zu viel ist, dass ist zuviel. Das Tempo war nach wie vor hoch und bei einigen unter uns zeigten sich die ersten Anzeichen von Erschöpfung. Durch den Ort Hademarschen ging es dann in engen Bögen zur Schule, der vierten Kontrolle. Wir erreichen sie zu Dritt. Michael und Sebastian wirkten noch recht frisch. Ich füllte mich ein wenig matt.
137,10 Kilometer waren nun in der Tasche und wir genossen die warme Malzeit und reichlich Cola. Es wurde beschlossen, die nächste Phase etwas ruhiger beginnen zulassen. Erst mal aber war das Büfett an der Reihe. Salate (die ich allerdings nicht sah, die aber da gewesen sein sollen), Lasagne und weitere Nudel warteten auf den Verzehr durch hungrige Radler. Ich tankte wieder Energie und fühlte mich nach kurzer Zeit wieder besser. Nie zuvor war die Verpflegung bei einen Marathon so reichhaltig gewesen. Nie zuvor hatte ich Kohlenhydrate auch so nötig.

Wir starteten in Hademarschen zu acht, in einer ähnlichen Besetzung wie in Jevenstedt. Der Wind blieb konstant und auf dem Rückweg nach Jevenstedt, der auf einer anderen Route erfolgte, hatten wir tatsächlich Rückenwind. So rollten wir locker mit 34 Sachen durch die Ebene und verdauten unser Mahl und machten nebenbei anständig Tempo. Ich glaube, auf dieser Passage ist die große 3 entgültig gefallen. Einen großen Anteil hieran hatte Michael, der das Dahingerolle beendete und mächtig am Horn zog. Wir folgten und die Gruppe funktionierte wie es im Buche steht. Selbst Aktionen wie das Fahren einer Windkante klappten ohne viele Worte. Schön. Bei Kilometer 167 gab es erneut eine reichhaltige Verpflegung.

Zügig ging es auch im weiteren Bikeschieb voran. Mittlerweile kamen wir nach Westerrönfeld und Osterrönfeld in mir bekanntes Gebiet. Hassmoor, Emckendorf, Kleinvollstedt waren ja nun wahrlich keine unbekannten Namen mehr, denn wir erreichten das oft befahrende Trainingsrevier der RG-Kiel Montagsausfahrten. Die Zweihundertermarke fiel rasch und Sebastian und ich stießen wie gewohnt mittels Trinkflasche an. Alte Riten soll man halt pflegen, auch wenn die anderen ein wenig ungläubig guckten.

Die letzte Verpflegung, geleitet vom RG-Chef persönlich, gab es bei Kilometer 201,20 in Warder. Hier verweilten wir aber nicht lang, denn es waren laut Karte nur noch 16,4 Kilometer bis ins Ziel. Allerdings wurden jetzt noch mal alle Reserven abverlangt. Die Gegend um Sören, Grevenkrug und Schmalstede ging mit ihren vielen kleinen Anstiegen merklich an die Substanz. Unsere kleine bis hier tadellos funktionierende Gruppe zerfiel nun. Sebastian, Michael und ein Fahrer der RSG Blankensee setzten sich an einem Hügel ab. Ich verschlief diesen Antritt und blieb mit den Verbleibenden zurück. Leider wollte aber niemand mit mir die Verfolgung aufnehmen. War aber auch nicht tragisch, denn die Hügel reichten auch schon so aus. Natürlich verlor ich auch hier nicht das Ziel mit dem Stundenmittel von mind. 30 km/h aus den Augen und tat mein Bestes. Ein letztes mal treten, treten und treten, was die Beine nur hergaben.

Als Bordesholm in Sicht kam ging alles recht schnell. Zwei oder dreimal abbiegen und wir waren im Ziel. Die drei Ausreißer warteten schon. Meine Begleiter hatten sich auf zwei dezimiert aber die anderen folgten nur mit kleinem Abstand. Zufrieden wurde sich gegenseitig beglückwünscht und alles war sehr, sehr gut.

Der Schnitt lag bei 31,35 km/h auf ziemlich genau 220 Kilometern. Herrlich! Im Sattel haben wir 7 Stunden und 6 Minuten an diesem Tag verbracht.

Jens
Carsten

Beitrag von Carsten »

hört sich richtig nett an !
Antworten