19.06.05 RG Hamburg Marathon 5. Bikeschieberei Nordcup

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Jens

19.06.05 RG Hamburg Marathon 5. Bikeschieberei Nordcup

Beitrag von Jens »

Wiedereinmal war es soweit und ein Marathon auf der Strasse stand an. Für mich war es der vierte Bikeschieberei des Nordcups in diesem Jahr. Mein Ziel war folglich, ins Finisher-Trikot zu fahren und den Schnitt erneut etwas anzuheben. Aus dem Umfeld war zu vernehmen, dass 33 km/h doch ganz nett wären oder es auch unter 7 Std. zuschaffen sein muss, 220 km hinter sich zu bringen.

Die Besonderheit diesmal war, dass das bo-racing-team geschlossen an der Startlinie Aufstellung nahm. Hier mit wären wir dann auch schon beim Hauptproblem, denn Startlinie war leider nicht gleich Startlinie. Wahrscheinlich wegen des guten Wetters und der damit verbundenen hohen Beteiligung wurde der Marathon in zwei Blöcken gestartet. Da wir noch etwas verschlafen aus den Trikots guckten und auch erst mal die üblichen Verdächtigen vom RV Trave finden mussten, landeten wir prompt im zweiten Startblock.

Als es dann endlich losging setzten wir uns gleich ohne lange zu überlegen an die Spitze des Feldes und diktierten das Tempo. Zunächst wurden wir von kleineren Unpässlichkeiten wie roten Ampeln und geschlossenen Bahnschranken aufgehalten. Als wir dann aber den Speckgürtel Hamburgs verließen wurde es besser. Wir fuhren eine ganze Zeit lang mit Tempo 34 an der Spitze und auch dem Großteil der Gruppe schien dies zu gefallen.

Die Ortschaften und die Kilometer flogen vorüber. Ahrensfelde, Meilsdorf, Papendorf - um nur einige zu nennen. Bei Kilometer 26 beschlossen Felix und ich schließlich aus dem Wind zu gehen. Felix war vom Beginn an an der Spitze gefahren und ich wechselte mich mit Sebastian aus Oldesloe in der Führung ab. Rein rechnerisch war unsere Arbeit wohl getan, denn die Gruppe bestand aus über 20 Mann gruppiert jeweils in Zweierpaaren. Für jedes Paar hätte es eigentlich 20 Kilometer Führung bedeutet, wenn alle die gleiche Last zu tragen bereit gewesen wären.

Wir gingen also nach hinten, um uns ein wenig zu erholen. Was nun geschah verblüffte uns doch sehr. Die Zweierreihe wurde zunächst vorn und schließlich komplett aufgelöst. Fahrer aus Hamburg waren nun vorn und erhöhten das Tempo, als gäbe es kein morgen mehr. Aber egal, bis zu nächsten Verpflegung hält man so was schon durch und auch meine Carbonlaufräder mit den hohen Felgen machen ja erst bei hoher Geschwindigkeit Sinn. An den ersten Hügeln geschah dann das, was geschehen musste, die Gruppe zerfiel. Vorn wurde alles mit 40 Sachen genommen, egal ob Berg oder Brücke und Felix und ich dicht an dicht mitten drin im Sog der Geschwindigkeit.

Die Verwunderung wurde aber noch größer, als so bei Kilometer 36 die ersten Fahrer vorn platzten und auf Nimmerwiedersehen aus der Gruppe fielen. Komisch, aber es gibt tatsächlich Leute, die sich auf den ersten 30 Kilometern von insgesamt 220 Kilometern so tot fahren, dass nichts mehr bei ihnen läuft. Eine seltsame Taktik.

Das Tempo fiel wieder in den erträglicheren Bereich zurück. Und ach, die Zweierreihe setzte sich erneut durch. Durch das Tempogebolzte fuhr unsere Gruppe nach vereinzelten Fahrern jetzt auch das Hauptfeld des ersten Startblocks auf. In der nun entstehenden Megagruppe war es in den Kurven der vielen kleinen Seitenstraßen meist leider ziemlich kuschelig und unruhig. Was blieb uns also? Na klar, links raus, am Feld vorbei und sicher an der Spitze fahren. Es ist ja nur bis zur ersten Verpflegung - schoss es mir wieder durch den Kopf.

Diese kam dann in Kollow bei Kilometer 45 an einer Kreuzung und ich hätte sie beinahe übersehen. Schnell einen Stempel geholt und etwas Essbares gegriffen und dann wieder aufs Rad und ab durch die Mitte. Die Schnellen sollten nun alle weg sein und Ruhe sollte sich in der Gruppe breit machen. So war meine engstirnige Sicht der Dinge. Natürlich waren alle schnellen Beine um uns herum versammelt. Merke: Fahre niemals in einem auffälligen blauen Trikot an der Spitze eines Feldes, wenn Du nicht für die Leadergruppe gehalten werden willst.

Das Tempo blieb also straff. Felix und ich genossen nun aber ein wenig die Früchte der großen Gruppe, die nun auch ruhiger geworden war und sonnten uns im Windschatten. Alles passte einfach, der Kurs war relativ flach und die Sonne sorgte für eine angenehme Grundwärme. Langsam erkannte ich auch bekannte Gesichter von anderen Marathons wieder und kam mit den Leuten ins Gespräch. Während ich so mit meinem Nebenmann über sein Colnago C 40 Worldchampion Edition sinnierte und wir uns auch beruflich offenbarten, flogen die Kilometer wieder nur so dahin. Zack und Kilometer 92 war geschafft und wir standen an der zweiten Verpflegung in Linau. Hier passierte wieder das Übliche und wir startete in einer großen Gruppe.

Auf dem Weg zur Kontrolle in Kühsen bei Kiometer 129 wurde es dann welliger. Leider wurde das Tempo in den Anstiegen nicht verringert oder beibehalten, sondern gesteigert. Ich dachte ernsthaft darüber nach, die Gruppe ziehen zulassen, aber irgendwie wollt keiner mit abreißen lassen. Ich ließ mich dann auch noch von Felix überzeugen, dass es besser sei, bis zur nächsten Verpflegung in dieser Gruppe zu bleiben und nach dem Mittag weiter zusehen. Was sollte ich noch sagen, wahrscheinlich hatte Felix Recht und wir waren ja zum Radfahren her gekommen. Ich machte den Blödsinn demnach weiter mit, obwohl ich mich zusammenreißen musste.

Dann ein Schild Kühsen. Eine verwinkelte Straße bergauf und dann die Verpflegung. Es gab Cola. Danke! Nach dem Zuckerschock wurde alles besser. Die kochend heißen Nudeln schmeckten wohl keinem, aber der Hunger und die Cola trieben sie rein. Grausamer Fertigmampf auf schlechtem Mensa-Niveau eben, aber das Primärziel war ja nicht eine gute Ernährung.

Nach dem Essen ging es in einer Kleingruppe für uns weiter. Endlich mal etwas ruhiger, schließlich war der Magen nun auch voll genug. Felix kontrollierte das Tempo an der Spitze, während ich hinter ihm mit den Oldesloer Kollegen eine nette Unterhaltungen pflegte. Einzig Sebastian zeigte sich etwas von seiner stürmisch Seite und erhöhte den Druck in den Anstiegen. Es ging aber niemand darauf ein. Mein persönliches Gefühl war auch gar nicht so gut, denn immer wenn sich mein Puls erhöhte und ich mich einen Anstieg hochschraubte, taten die Nudeln in meinem Magen es mir gleich. Nein, das war nicht schön und ich begann die Mahlzeit zu verfluchen.

Das ruhigere Fahren war aber auch aus einem anderen Grund von Vorteil, denn uns ereilte kein Defekt. Ich würde sagen, bei dem folgenden Belag kann von einem Wunder gesprochen werden. Zwar gab es keinerlei nennenswertes Kopfsteinpflaster, doch dafür jede Menge Rollsplitt, der krachend gegen die Rahmen und Laufräder flog. In einigen Kurven hier im Nichts zwischen Grinau, Krummesse und Berkenthin lagen sogar größere Haufen von dem Zeug mitten auf der Fahrbahn. Ein Zustand, der die ganze Sache sicher nicht angenehmer machte. Aber es passieret ja nichts, wahrscheinlich auch weil ich mich für meine Conti Grand Prix und nicht für die leichteren Faltreifen entschieden hatte.

Bei Kilometer 150 zog dann die Geschwindigkeit an und wir flogen erneut in Richtung Kühsen, um einen weiteren Stempel nach 167 Kilometern zu ergattern. Nun war die Verpflegung merklich von Radfahrern gezeichnet worden. Bis auf ein wenig Cola gab es lediglich nur noch Schokoriegel.
Duvensee, Lückow, Steinhorst und andere Ortschaften wurden durchfahren oder besser im Sturm genommen. Die Geschwindigkeit zog weiter an, aber wir hatten ja auch Ziele. Leider war es manchmal aber ein wenig unnötig mit der Geschwindigkeitsverschärfung, denn am Berg fährt man eine Gruppe nur kaputt, mit der man sonst aber schneller gewesen wäre. Schade, dass nicht alle Felix und meine Sicht der Dinge teilten - aber wie haben wir es heute gelernt? Richtig, es ist nur bis zur nächsten Verpflegung. Diese folgte dann reichhaltig in Todendorf bei Kilometer 193.

193 Kilometer, dann ist es bald vorüber. Einen langen Aufenthalt gönnten wir uns demnach nicht und machten uns auf zurück nach Hamburg. Es folgten nun nur noch kleinere und verwinkelte Straßen mit leichten Hügeln. Sebastian versuchte hier mit einem weiteren Fahrer einen Ausreißversuch, der aber scheiterte. Ein Blick zwischen Felix und mir und die Sache war klar. Wenn die letzten Kilometer vom Veranstalter angekündigt werden würden, so hätten sich zwei blaue Trikots abgesetzten und eine Art Paarzeitfahren versucht.

Wir fuhren in die Vororte von Hamburg ein. Es folgte ein Meer aus roten Pfeilen durch die noblen Gegenden in Hamburg. Hier in eine Seitenstraße. Dort über eine Hauptstraße rüber und wieder in eine Seitenstraße hinein. An parkenden Autos vorbei und um spielende Kinder herum. An eine Flucht war somit nicht mehr zu denken.

Das Ziel wartete schließlich bei Kilometer 221.63 auf uns. Unglaublich, aber nun bekomme ich wohl so ein Finisher-Trikot im Herbst überreicht. Schön. Auch der Schnitt stimmte mit 33.00 km/h. Unsere Fahrzeit betrug 6:48 Std.

Ich glaube, an diesem Sonntag wäre auch noch eine längere Distanz möglich gewesen.

Alles ist gut und bleibt auch gut!

Jens
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