Projekt Retro-Direct

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ArminQ
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Projekt Retro-Direct

Beitrag von ArminQ »

Moin

ich starte mal dieses Thema um den Bau eines Retro-Direct Renners zu dokumentieren. Erstmals sah ich diese Lösung bei PBP2007. Der Engländer Drew Buck fuhr mit einem von 1920 aus Frankreich stammenden Retro-Direct erfolgreich die über 1200km lange Tour zu Ende. Hier sein Rad:

Bild

Was ist ein Retro-Direct? Das Retro-Diect ist sowas ähnliches wie ein Single-Speed, nur das es ein Dual-Speed ist, also zwei Gänge hat. Der Clou ist, das Rad besitzt keine Schaltungsmechanik, die Übersetzungumschaltung erfolgt mittels Richtungswechsels des Tretlagers. Nein, das ist nicht die 2-Gang Automatik die Sachs in den 70ern in Verbindung mit Klapprädern auf den Markt brachte. Bei der Sachsnabe wurde der Gang durch kurzes Zurücktreten umgeschaltet, und dann Vorwärts weitergetreten. Beim Retro-Direct tritt man wie beim Single-Speed vorwärts immer mit einem Gang, nur das man bei Steigungen die Option hat, durch Rückwärtstreten eine kleinere Übersetzung zur Verfügung hat. Die Übersetzungsumschalt erfolgt also direkt - ein Retro-Direct eben.

Hier mal ein Beispiel in Form einen verlinkten Bildes:

Bild


Drew Buck hat bei PBP bei mir mit seinem Rad einen so großen Habenwillimpuls ausgelöst, dass ich momentan dabei bin mir die notwendigen Teile zusammenzustellen. Den Anfang machte ein alter 54er Basso-Stahlrahmen. Die ersten Mechanikteile habe ich auch schon, bzw. sind bestellt. Problem ist noch die Beschaffung einer HR-Gewindenabe mit BSC Gewinde (1,37´x24), weil diese nicht mehr im Handel zu bekommen sind.

Wie es weitergeht, erfahrt ihr demnächst, in diesem Kino :-)

Viele Grüße
Armin[/img]
Zuletzt geändert von ArminQ am Sa Okt 27, 2007 15:10, insgesamt 2-mal geändert.
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ArminQ
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Beitrag von ArminQ »

Hier die Basis für das Retro-Direct, der Basso-Stahlrahmen. RH 54cm, Einbaubreite hinten 125mm. Problematisch kann die rechte Kettenstreben werden, eventuell muss dies mechanisch verändert werden, d.h auftrennen und einen Knick einlöten. Ob ich das mache, oder dafür dann doch lieber einen bereits verhunzten Rahmen verwende zeigt sich, sobald alle antriebsseitigen Teile vorhanden sind und am Rahmen ausgemessen werden kann. Zuerst versuche ich die Kettenblattführung mittels Innenlager verschiedener Breiten zu optimeren. Als vorderer Kettenspanner soll ein modifizierter Chain Reactor aus dem Downhill-Bereich eingesetzt werden, so erspare ich der Kettenstrebe weitere Schweiss-oder Schellen-Massaker.

Ich möchte flexibe Schaltungsketten mit Breite 3/32" verwenden, 1/8 Ketten sind zu steif in der Führung. Schwierig ist es große 3/32" Freilaufritzel zu bekommen, ich werde daher ein 22 Zahn Ritzel mittels einer Sonderanfertigung eines 22er Kettenblatt mit 46er Lochkreis bauen, dieser ist mit einem 16T Freilaufritzel direkt verschaubbar. 16T Ritzel sind für 3/32" zu bekommen. Ich benötige ausserdem noch kurze Kettenblattschrauben zur Befestigung eines einzelnen 42er Kettenblatt. Diese gibt es für Bahn oder SSP-Räder.
Wenn ich mir das ganze so überlege, wäre das nicht auch ein Projekt für Karl-Heinz? ;-)

Viele Grüße
Armin

Bild
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K.H.Peers
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Beitrag von K.H.Peers »

Ach Armin, ich bastel zwar gern, aber mal eine Frage : Willst du da wirklich mit fahren? Rückwärts treten und vorwärts fahren. Das scheint zwar lustig für mal so bei Veranstaltungen, aber so richtige Strecken ?
Ich hab da eigentlich noch genug von meinem Laufrad, lustig und ein " Augenfänger " :lol: ,aber anstrengend !!!! Aber solltest du mal was gefräst, gedreht haben wollen, ich hab da einen präzisen Radspezi. Viel Spaß bei der Fertigstellung, es ist sehr interessant.
Die Raupe die vom Fliegen weiß , ist noch kein Schmetterling ! ( H. Sabo )
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ArminQ
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Beitrag von ArminQ »

Hallo Karl-Heinz
K.H.Peers hat geschrieben:Ach Armin, ich bastel zwar gern, aber mal eine Frage : Willst du da wirklich mit fahren? Rückwärts treten und vorwärts fahren. Das scheint zwar lustig für mal so bei Veranstaltungen, aber so richtige Strecken ?
Wenn das technisch alles zuverlässig ist, dann soll das Rad für richtige Strecken eingesetzt werden. Also auch das, was ich unter richtige Strecken verstehe. Das geht dann so ab 300km los ;-)

Für den Kettenspanner habe ich heute eine tolle Lösung von Davtus gefunden - passt genau an die Kettenstrebe. Eine Campa-Gewindenabe habe ich heute abend bei 1-2-3 ersteigert. Ich habe mich vorher erkundigt, sie hat 1,37´x24tpi, obwohl bei den Italienern meist 36x24tpi üblich ist. Sie hat aber eine Einbaubreite von 130mm, wenns Problem gibt melde ich mich mal zwecks Abdrehen des Abstandbolzens. Eventuell benötige ich eine Spezialanfertigung eines Zwischenrings für den Anschlag des großen Freilaufritzels.

BTW: hat noch jemand ein altes Innenlager mit Italia-Gewinde 36x24 rumliegen, die Achslänge sollte <115mm sein, am besten um so 109mm.

Ach ja, den schwarzen Vorbau (ITM), tausche ich gerne gegen einen blanken.

Viele Grüße
Armin
Jörn

Beitrag von Jörn »

Ein genialer Thread ... :D

ich kann Dir bei Deiner Teilesuche zwar nicht behilflich sein, weil mir der gesamte rennradfahrerische Background (Hintergrund) fehlt, aber auf das Endergebnis bin ich echt mal gespannt und würde gerne mal ne kleine Runde damit fahren :shock:

Ich ertappe mich regelmäßig dabei wie ich vor dem Monitor sitze und mir einfach nur das Bild mit dem blauen Fahrrad angucke. Dabei überlege ich dann die ganze Zeit wie das in Wirklichkeit funktioniert. Vom Prinzip her ist es eigentlich logisch, aber gibts da keine Verspannungen in der Kette oder sowas ?
Ich glaube man muß das Ganze tatsächlich mal in der Realität bewundern.

Ich kann mir übrigens ganz gut vorstellen daß man damit auch längere Strecken zurücklegen kann, ist ja nichts anderes als ein Singlespeeder mit Rettungsgang :wink:

MfG Jörn
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K.H.Peers
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Beitrag von K.H.Peers »

Fahren möchte ich damit auch mal zur Probe. Klar, vorwärts kein Problem, aber "Rettungsring " rückwärts treten, möglichst im Wiegetritt.
Was das wohl bringt. Es hat sicher seine Gründe, daß dieses Art exotisch geblieben ist. Aber ein toller Spaß, und vorwärts tretend immer tauglich,
dann schleppt man eben nur das Mehrgewicht der langen Kette etc. mit.
Mach weiter Armin, ich bin gespannt und spende für die über 200 Kettenglieder schon mal eine Flasche Rohloff Kettenöl !! :D
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ArminQ
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Beitrag von ArminQ »

Hallo Karl-Heinz und Jörn

klar dürft ihr damit mal fahren, ihr könnt es auch gerne mal ausleihen, sofern ich es hinbekomme. Jörn, sei aber gewarnt, da kommen max 28er Reifen drauf, nicht das du damit umkippst ;-)

Heute haben ich den besagten Kettenspanner ergattert, und eine zweite Nabe wurde mir auf eine Suchanzeige auch angeboten - war ja klar, wenn man erst mal eine hat, dann kommen weitere Angebote :-)
Ich werde nun die restlichen antriebsseitigen Teile im SSP-Shop bestellen. Nur eine BSC-Innenlagerschale (Rechtsgewinde) und ein blanken Vorbau benötige ich noch, eine Open4CD-Felge und Speichen, ausserdem einen passenden Sattel, möglichst in weiß.

Zur Funktion: Auf der HR-Nabe sitzen nebeneinander zwei Freilaufritzel. Beide Kettenzüge die von vorne vom Kettenblatt kommen werden oben auf Zug über je ein Freilaufzitzel geführt. Unten herum werden die Ketten etwas nach vorne geführt, und über eine Kettenrolle umgelenkt. Die Kette dürfte etwa 20cm länger sein als eine normale Schaltungskette.
Hier kann man das Prinzip etwas besser erkennen, allerdings hat die Kiste vorne zwei Kettenblätter mit historischen Umwerfer:

Bild

Berichte von Besitzern dieser Räder hören sich ganz ermutigend an. Das Rückwärtstreten soll gar nicht so schlecht sein, weil das Körpergewicht beim Durchtreten besser genutzt wird, ähnlich dem Wiegeschritt. Es ist natürlich gewöhnungsbedürftig, und ein paar neue Muskeln, die man vorher nicht kannte werden auch trainiert.

Viele Grüße
Armin
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K.H.Peers
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Beitrag von K.H.Peers »

Ob ich schalten bei dem Rad noch lernen würde? 4 Gang und beim schalten rückwärts treten, auch wenn es dicker sein soll, auch "dünner"
rückwärts, dann ohne umwerfen. Das wäre eine Herausforderung, Schande auf moderne Drehgriffe für einfältige Bolzer :lol: :lol:
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Sven
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Beitrag von Sven »

Das ist eine richtig interessante Sache...würd auch gerne mal drauf fahren und bin gespannt, wie die Muskulatur auf dieses ungewohnte Pedalieren rückwärts reagiert...hab gerade im Netz einen Australier entdeckt der ähnliches machte und gerne - so schreibt er - seine Hilfe zur Verfügung stellt...kann Dir Übersetzungshilfe anbieten..interessanter Bericht und Artikel :D ..."Why be normal?" schreibt er :D :D
http://members.westnet.com.au/rjharrop/ ... irect2.htm
Gruß Sven

p.s.: hier auch noch ein paar Infos:
http://www.bikeforums.net/showthread.php?t=144590
tschüss...man sieht sich!
Sven S.-night-rider

Beitrag von Sven S.-night-rider »

Mensch Armin irgendwie ist das Thema ziehmlich ansteckend aber eher weil mir die ganze zeit das funktionsprincip im kopf umher geistert und ich ständig dieses bild vor augen hab. Hoffentlich ist es bald fertig damit ich mir das mal genauer anschauen kann...hau rein bin schon gespannt. Gruß Sven :D
Jörn

Beitrag von Jörn »

:idea: Jetzt hats bei mir 'Klick' gemacht - 2 Freilaufritzel, jetzt weiß ich wie die ganze Geschichte funktioniert :D

Danke Armin, jetzt kann ich beim Einschlafen endlich mal wieder an was anderes denken ... :D

MfG Jörn
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ArminQ
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Beitrag von ArminQ »

Moin

mittlerweile habe ich die wichtigsten Teile für den Antrieb zusammen:

- Campa-HR-Nabe, 130mm, mit BSC-Gewinde
- Miche Innenlagerschale mit BSC-Gewinde
- BSC-Abstandringe
- zwei 16er Freilaufritzel 3/32" von Dicta
- 22er Kettenblatt mit Lochkreis 46 (Umbau für Bergritzel) k
- kurze Kettenblattschrauben
- 2 Ketten 3/32" (6-8fach Schaltungsketten)
- Kettenspanner von Davtus

Das Resultat von mehrstündiger Fräs-, Bohr und Schraubarbeit:

Bild
(Bild siehe auch im Forenalbum)

Vom 22er Kettenblatt mussten die langen Zapfen abgefräßt werden, die jeweils unter den Löchern für die Kettenblattschrauben sitzen. Wer schon einmal versucht hat ein Stahlkettenblatt zu bearbeiten, der weiss wie hart das Zeug ist - aber es soll ja auch ein paar Kilometer halten. Mittels Ständerbohrmaschine und einem 50mm Schleifstein war das dann aber in ca. 30 Minuten geschafft, nachdem ich einige erfolglose Versuche mittels Feile hinter mir hatte.
Die Freilaufritzel waren mittels der Miche-Lagerhülse und verschiedenen Abstandringen schnell an die Nabe angepasst. Die Nabe ist in der Einbaubreite zwar 5mm zu breit, was bei dem zähen Stahlrahmen aber kein Problem darstellt. Im Gegenteil, denn 5mm mehr sind ganz gut zu gebrauchen, weil es bei der verwegenen Kettenführung ziemlich knapp zugeht im Hinterbau. Von der Qualität der Dicta-Ritzel bin ich etwas enttäuscht, aber mehr kann man jedoch bei einem Stückpreis von 10 Euro auch nicht verlangen. Wenn sich die Fahrversuche als erfolgreich erweisen, dann kann ich immer noch auf eine bessere Qualität ausweichen, es gibt mehrere Anbieter.
Die Befestigung des 22er Kettenblatt erfolgt durch 4 Kettenblattschrauben normaler Länge, es wurden jedoch kurze Kettenblattmuttern für die rückseitige Verschraubung verwendet. Die Schraublöcher im 22er Kettenblatt mussten noch etwa 2mm nach aussen aufgefeilt werden.

Bild

Das Hauptproblem war die Kettenführung unten. Bei ebay entdeckte ich einen Kettenspanner von Davtus, geeignet für eine Montage an der Kettenstrebe, für insg. 7 Euro kein großes Risiko, also gekauft. Leider liess sich dieser Kettenspanner nicht so befestigen wie ich es mir vorgestellt habe, er war immer irgendwie der unteren Zugkette im Weg. Für eine Montage weiter vorne war er zu kurz. So packte mich wieder meine Improvisationsvorliebe und das Teil wurde mit einer starken Feder verlängert. Die Umlenkrolle für die Rücklaufketten konnte so an einer Stelle plaziert werden, an der sie den Bikeschieb nicht stört. Die Kette bleibt ausserdem immer auf Zug.

Bild

Ich habe die Kettenlänge noch nicht genau ermittelt, aber es sind etwa 1,5 Kettenlängen verglichen mit einer normalen 8-fach Kettenschaltung, also etwa 175 Glieder. Der Trockentest der zusammengebauten Lösung funktioniert sehr gut, wie zuverlässig sich das in der Praxis fahren lässt muss sich zeigen. Eine Alternativlösung für die Kettenspannung unten ist eine Down-Hill Kettenführung aus dem MTB-Bereich, wäre auf jeden Fall stabiler weil stramm mit dem Innenlager befestigt.
Nun benötige ich noch passende Felgen und Speichen, sowie einen blanken Vorbau, dann kann die erste Probefahrt erfolgen.

Viele Grüße
Armin
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K.H.Peers
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Beitrag von K.H.Peers »

Armin, Glückwunsch für die Umsetzung. Vorne 48 ? hinten 16 und 22.
Ging es vorne nicht größer ? Wäre ja auch gut für die Kettenentwirrung. Die Unterschiede groß genug ? Ich glaube ja immer noch nicht an effektive Vorwärtsbewegung beim Rückwärtstreten. Aber höchst spannend das Projekt.
Die Raupe die vom Fliegen weiß , ist noch kein Schmetterling ! ( H. Sabo )
Sven
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Beitrag von Sven »

Hallo Armin,

auch mein Glückwunsch. Hab eben mal Kreuzotter.de die Kraftentfaltung gecheckt....48x16 ist ganz schön heftig finde ich....aber ich fahr ja selber lieber schnelle Trittfrequenz..also lieber 42 vorne aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache....:
http://www.kreuzotter.de/deutsch/cadence.htm

(hab ich garnicht gemerkt: weniger Zähne vorne könnten natürlich eng werden im Bikeschieb und an der unteren Strebe)

Viel Spaß mit dem tollen bike...fehlen nur noch die Speichen hinten und der Rest, oder?

:D

Gruß Sven
tschüss...man sieht sich!
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ArminQ
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Beitrag von ArminQ »

Hallo

vorne ist momentan ein 42er Kettenblatt drauf. Mit 89er Trittfrequenz kommt man auf 30km/h. Ist ja erstmal ein Versuch. Beim BSC-Gewinde kann ich hinten bis auf 14 Zähne runter, ich denke das es letztendlich etwas zwischen 14 und 16 Zähnen wird - die Praxis wird es zeigen.

@Sven, stimmt die Speichen und der Rest fehlen noch :-)
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