8. int. Spessart Bike Marathon in Frammersbach

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Jens

8. int. Spessart Bike Marathon in Frammersbach

Beitrag von Jens »

12.05.04

Eigentlich begann unserer Spessartwochenende erst mit der Anreise am 13.05., doch da Felix so geblutet hat, wird dieser Bericht auch die Ereignisse am 12.05. beleuchten.

Das Blutvergießen ging so gegen 21.00 Uhr los. Felix wollte nur schnell seine Sachen samt Bike vorbeibringen und noch ein wenig schrauben. Kurz und Gut: Altes Kettenblatt runter, neues Kettenblatt rauf, Aluschraube abgerissen und Finger gespalten. Ich glaube so lässt sich die Vorgehensweise am besten darstellen. Dank Hansaplast war aber relativ schnell alles wieder gut.

Alles? Fast alles! Ein wachsames Auge erspähte bei der letzten Durchsicht nämlich noch einen beinahe Defekt. Im wahrsten Sinne des Wortes hing das Leben von Felix Schaltwerk nur noch am seidenen Faden. Besser wohl am stählernen. Na wie auch immer, vom Schaltzug waren nur noch rudimentäre Reste vorhanden, welche das Schaltwerk steuerten. Vertrauensvoll beauftragte Felix bo mit der Beseitigung allen möglichen Übels.

13.05.04

Gleich morgens brachte ich Felix Boliden zu bo, um die Sache mit dem Zug regeln zu lassen. Auch Veits Fully hing schon im Montageständer, denn obskure Geräusche sollten dem guten Stück ausgetrieben werden. Natürlich konnte auch ich in der Werkstatt noch mit einem Defekt nerven, war zwar es nur ein loser Steuersatz, aber so kurz vor der Abreise reichte mir das schon.

Gegen 16.00 Uhr ging es dann auf die Piste. Räder wurden eingeladen, Helme verstaut und auch Sonstiges fand in Veits Wagen seinen Platz. Also ab in den Süden!

Ne, ne, erst mal ging es ab in den Norden, Veits restliche Sachen holen und Felix von der Arbeit aus Friedrichsort einsammeln.

Bis auf einige wirre Spielchen mit den Fensterhebern und die üblichen Sonntagsfahrer verlief unsere Anreise planmäßig und ohne Zwischenfälle. In Aschaffenburg bezogen Felix, die Räder und ich unser Zimmer in der Jugendherberge, Veit fuhr zu seinen Eltern.

14.05.04 Tag 1 im Spessart

Für Veit stand heute Fortbildung auf dem Programm. Für Felix und mich hingegen die erste Ausfahrt in richtigem Gelände. Natürlich wurde erst einmal amtlich ausgeschlafen. Evtl. etwas zu amtlich, denn das minimale Frühstückszeitfenster der JHB verpennten wir ohne mit der Wimper zu zucken. Wer nun denkt, die Nacht wäre ruhig gewesen, der hat die Rechnung ohne die Schulklassen gemacht, die lärmend ebenfalls unsere Unterkunft behausten.

Gegen 9.30 Uhr standen wir schließlich doch auf. Erst wurde ein wenig planlos im Zimmer herum geirrt, dann die Luft mit dem guten Muskelöl verseucht (im folgenden nur noch als Eau de Race bezeichnet) und anschließend nach Zubehör gefahndet. Den Frühstückshunger bezwangen wir mit Hilfe der freundlichen bayrischen Bäckersleute recht fix. Auch ein Radladen war zügig entdeckt. Dort legten wir kurzer Hand unsere Wanderkarte auf den Tisch und ließen uns eine nette kleine Tour zwecks Akklimatisierung ausarbeiten. Danke Udo.

Zunächst ging es raus aus der Stadt und kurz vorm nächsten Ort hieß es dann rein ins Vergnügen. Ich hatte schon verdrängt, dass richtige Berge doch anders als unsere Hochbrücken zu befahren sind. Während ich mein kleines Kettenblatt zu schätzen lernte, schaltete sogar Felix vorn runter. Natürlich nur aus mittlere Blatt, aber immerhin.

Hauptsächlich gibt es wohl in dieser Region des Spessart Schotterweg unter die Stollen zu nehmen. Aber auch die ein oder andere Wurzelabfahrt tauchte unvermittelt auf und natürlich bot sich auch mehr als einmal die Gelegenheit zum sog. Unterholztourismus. Im Folgenden gelang es uns sogar die vom Bike-Händler empfohlene Route oder zumindest ein paar der wesentlichen markanten Punkte - wie einen Aussichtsturm - zu finden.

Der Knaller folgte etwas später in Gestalt einer schnöden Asphaltabfahrt. Wir ließen die Räder bikeschieben und erreichen mühelos 67 km/h bzw. Felix sogar 69 km/h. Am nächsten Ortschild verringerten wir jedoch vorschriftsmäßig die Geschwindigkeit auf das gesetzlich vorgeschriebene Limit.

Zurück in Aschaffenburg hieß es dann Einkaufen und eine Runde Pennen, bevor es am Abend für eine kleine Runde auf die Piste ging.

15.05 Tag 2 im Spessart

Auch am zweiten Tag unserer Spessartexkursion nervte die Jugend in unserer Herberge erneut. Offensichtlich gab es Gruppenturnen ab 6.00 Uhr auf allen Fluren. Immerhin haben wir somit nicht das Frühstück oder besser das was 80 Kinder davon übrig ließen verschlafen.

Gegen 9.30 Uhr schlug Veit bei der JHB auf und führte uns die nächsten Stunden über seine Hausrunde im Spessart. Ja, auch das Spukschloss im Spessart haben wir gesehen und ca. 50 m weiter im Gasthaus sind wir auch eingekehrt. Nur alte ARD- ZDF- N 3- Legenden haben wir nicht zu Gesicht bekommen.

Zum Fürchten war auch eher die vorangegangene Abfahrt hinunter zum Schloss. Ich glaube, zwischen all dem Schotter und den Wurzeln hatten Felix und ich, die tapferen Hardtailpiloten, nicht wirklich mehr die Kontrolle über unserere Geschosse. Am Ende dieser Abfahrt standen 64 km/h auf meinem Tacho und dies ganz ohne Protektoren. Für Gesprächsstoff im Gasthausgarten war folglich gesorgt. Die ganze Szene sah tatsächlich so aus wie in einer der vielen Bikezeitschriften.

Der Rückweg dieser 52,7 km langen Tour gestaltete sich ähnlich wie der Hinweg durch schönste Natur mit einem ständigen auf und ab. Wir alle hatten unseren Spaß. Meine beiden Leistungsträger warteten immer gutgelaunt auf Ihren etwas schwereren Mitfahrer und auch dumme Sprüche kamen nicht zu kurz.

Am Abend fuhren wir nach Frammersbach, um die Startunterlagen abzuholen und die Nudelparty zu besuchen. Es gab ein Festzelt, eine kleine Bikemesse und jede Menge Typen, die man sonst nur aus der Zeitung kennt. Offensichtlich locken die 2.000,00 € Preisgeld doch einen Teil der internationalen Marathonelite an. Um nur einige Namen zu nennen - wir entdeckten den österreichischen Staatsmeister Martin Krahler, Ralf Berner, die belgische Meisterin, Manni Heymanns aus Namibia, Regina Marunde und Karl Platt von Rocky Mountain. Nach diesem Starsearch ging es zurück nach Aschaffenburg, um für den großen Tag fit zu sein. Felix und ich gönnten uns noch ein Bier von der Tanke, um die nötige Bettschwere zu erreichen.

16.05. Der große Tag

Am 16.05.04 stand für Felix, Veit und mich der Achte internationale Spessart- Bikemarathon auf dem Programm. Veit und Felix hatten sich Großes vorgenommen und für die 126 km lange Distanz gemeldet. Mir hingegen kam es nur aufs Überleben an. Ich meldetete folglich für die 63 km Distanz und vergnügte mich mit ca. 1650 Höhenmetern. Die 33 km Distanz wurde kurzer Hand als unwürdig abgetan.

Entgegen den anderen Marathons, die wir letztes Jahr besucht hatten, war hier alles etwas größer. Zu den bereits am Vorabend auf der Nudelparty erspähten Stars der MTB-Szene gesellten sich weitere. Das Starterfeld war insgesamt ca. 1600 Fahrer groß und 400 freiwillige Helfer standen zur Verfügung.

Um 8.00 Uhr ging es für Felix und Veit sowie ca. 250 andere Langdistanzleer auf die Strecke. Bereits am ersten Berg setzte sich die ca. 30 köpfige Profiliga ab und verschwand uneinholbar in den Tiefen des Spessart, bis dieser nach gut 4 Std. 40 min. den Sieger wieder aus spuckte.
Bei Veit verlief das Rennen soweit nach Plan, bereits nach 6 Std. erreichte er das Ziel. Felix hingegen hatte Pech. Zu seiner Erkältung gesellte sich im Bikeschieb ein Platten und Probleme mit der Kette, so dass er die zweite Runde etwas ruhiger angehen ließ und nach 6 Std. 30 Min. das Ziel erreichte.

Für mich war um 8.30 Uhr Start. Pünktlich wurde man auf die Bundesstraße geführt. Der eigentliche Start erfolgte fliegend beim Passieren des Marktplatzes. Es ist schon ein heftiges Erlebnis, wenn über 1000 nach Muskelöl duftende Fahrer durch einen kleinen Ort hetzen. Entgegen sonstiger Gewohnheiten sortierte ich mich von Anfang an nicht in der Spitze des Feldes ein. Dies verschonte mich vor dem größten Gedrängel in den ersten Steigungen. Und es ging ja nur darum zu überleben.

1650 Höhenmeter sind wie ich feststellen durfte schon eine ziemliche Hausnummer. Aber ich war ja nicht allein am Leiden. Das ganze Rennen über befand ich mich in größeren Gruppen von Fahrern, die alle samt meist schweigend die Berge hochkurbelten, nur um sich auf den Abfahrten alles zu geben und dann gleich wieder schweigend den nächsten Gipfel zu nehmen. Auch diese irgendwie beruhigende Atmosphäre sollte man mal erlebt haben.

Hin und wieder wurde ich aber auch angesprochen und immer wollte man wissen, ob ich wirklich aus Kiel käme oder ob die Aufschrift auf unserem Vereinstrikot nur ein Scherz sei. Einige Wissbegierige wollten sogar ein wenig geografische Nachhilfe mit Höhenangaben im Kieler Umland erfragen.

Die Versorgung auf der Strecke war schlicht perfekt. An den Versorgungspunkten gab es alles was man als Sportler an Energiefutter so mag. Besonders lobenswert war die Tatsache, dass leere Trinkflaschen an diesen Punkten einfach weggeschmissen werden durften. Umgehend wurden von zahlreichen Helfer neue volle Flaschen gereicht.

Die dritte Verpflegungsstation machte mich etwas stutzig. Hier gab es ausschließlich Cola. Jeder, der um die Wirkung von Cola bzw. des Zuckers in diesem Getränk weiß, wird ahnen können, dass nichts Gutes folgen konnte. Zunächst kam eine einfache aber schnelle Asphaltabfahrt und dann stellte sich der Grabich in den Weg. Grabich? Nie gehört? Ich auch nicht! Aber es war wie auf der Tour de France. Plötzlich ging die Straße nach rechts weg und 20 % nach oben. Entlang des Weges war Volksfeststimmung mit lauter Musik. Den kompletten Weg hinauf standen Menschenmassen und brüllten die Fahrer nach oben.

Nach diesem Ereignis bei Kilometer 48 hätte der Spaß aus meiner Sicht dann auch vorüber sein können. Was folgte war ein weiterer fieser Anstieg über Wurzeln. Hier kam dann auch das Führungsmotorrad der 126 km Runde vorüber und ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Ich strampelte in ein wortkargen Gruppe von 50 Leuten gen Himmel und von hinten kamen die Superstars der Marathonelite förmlich vorbei geflogen. Wie man nach 120 Kilometern noch so in die Pedale treten kann wie diese vier Jungs ist mir vollkommen schleierhaft. Aber sei es drum.

Nach 4,17 Std. Fahrzeit konnte auch ich mich im Ziel wiederfinden und wenig später im Trikot der Veranstaltung bei Brötchen und Schorle weitere Starteinläufe begutachten.


Jens
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