Chronik


 

Die heutige Radsportgemeinschaft Kiel ging hervor aus dem 1896 als Ortsgruppe des Arbeiterrad- und Kraftfahrerbundes ,,Solidarität“ gegründeten Verein ,,Frischauf“ . Damals gründeten sich viele Radsportvereine, Freie Turnerschaften und Arbeiter-Radsportvereine, da die ,,niederen“ Bevölkerungsschichten in den besseren ,,bürgerlichen“ Vereinen nicht gern gesehen waren.

Gründungsmitglieder waren , soweit heute noch rekonstruierbar, Theo Sakmirda, Theo Röstel und Hermann Langfeld.

Unter dem gleichzeitig gegründeten Dachverband Arbeiter-Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität sammelten sich viele Ortsgruppen in ganz Deutschland. Sie nahmen, vor allem nach dem 1. Weltkrieg, einen großen Aufschwung. Man pflegte die Geselligkeit, traf sich mit Gleichgesinnten. Betrieb vor allem das Radwandern, wie Zeitungsberichte aus jener Zeit meldeten, mit vielen Teilnehmern (es gab ja für Normalbürger keine Autos). Aber auch sehr viele Kunstfahrer waren in den Sälen der Gaststätten aktiv (Sporthallen gab es natürlich auch noch nicht, höchstens die Turnhallen der Schulen). Später dann auch Straßenrennradfahrer. In Kiel bildeten sich in den Stadtteilen mehrere Abteilungen (Dietrichsdorf, Gaarden, Winterbek), in Kiel-Mitte die Abteilungen I und II.

Fast 900 Radsportler gab es in Kiel. Im Bezirk, der Kiel und Umgebung umfaßte, 2198. Damit alle zu ihrem Recht kamen, wurden mittwochs und sonntags Touren durchgeführt sowie zweimal im Monat Versammlung.

Bis 1933 wurden viele sportliche Erfolge errungen, sogar auf norddeutscher Ebene, den damaligen Gaumeisterschaften. Das Mannschaftskunstfahren stand in großer Blüte. Den Beweis liefern Bilder auf denen unsere Väter Ende der Zwanziger als aktive Kunstfahrer zu sehen sind. Walter Ernst, Wilhelm Schmidt, Hermann Glüsing sen., Gustav Körner sen. und viele andere. Auch das Radballspielen entwickelte sich. Heute eine Kuriosität, damals normal, sogar Rasenradball. Zu sehen auf dem Nordmarksportfeld.

Diese Entwicklung hielt bis 1933 an. Dann wurden von den Nationalsozialisten die Arbeitersportvereine aufgelöst. Der Verein ,,Frischauf“ wurde umgetauft in Kieler Radfahrer-Verein von 1934. Als Leiter wurde eingesetzt Buchdruckereibesitzer Rudolf Rößler (heutige Druckerei Joost). Doch schon 1935 wurde Rößler von Walter Ernst abgelöst, der das Amt bis zu seiner Einberufung als Soldat innehatte und erst 1947, nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft, wieder übernahm.

Neuanfang nach dem Krieg

In den Kriegsjahren lag der Sport wie alles andere darnieder und wurde am Ende ganz eingestellt. Die erste Zusammenkunft der überlebenden Kieler Radsportler fand nach dem Kriege dann am 21. 10. 1945 in der Gaststätte ,,Zur neuen Welt“ in der Lutherstraße statt. Als Verein ,,Kieler Radsportgemeinschaft Solidarität“ fand man sich wieder zusammen. Er wurde Nachfolger des Kieler Radsportvereins von 1934. 1. Vorsitzender wurde Willy Albrecht.

Im Gründungsprotokoll wurde das Ziel der Vereinsarbeit angegeben, das Radwandern, den Hallenradsport, Radrennen und Rasensport umfassen sollte. Der Breitensport sollte besonders gefördert werden. Keine Werbung für die Industrie. 28 Mitglieder schrieben sich in die Liste ein und zahlten 1,- RM Monatsbeitrag. Man wollte Inventar und Vermögen des KRV von 1934 übernehmen, doch blieb dieses vorerst von der Militärregierung der Engländer beschlagnahmt.

Der Sportbetrieb wurde im Herbst 1945 von den Vereinen Frischauf Kiel (von da an genannt Radsportgemeinschaft Solidarität Kiel), der Radsportgemeinschaft Solidarität Eckernförde und dem Rendsburger Bycicle-Club aufgenommen. Hauptversammlung sollte in Kiel immer im Februar sein. Fahrradmaterial stand aber vorerst nicht zur Verfügung. Es waren auch noch keine Hallen intakt. Alle waren durch Bombenschäden außer Betrieb. Es dauerte bis Ende 1949, bis in einer Turnhalle wieder geübt werden konnte.

Am 2. 2. 1946 wurde die Generalversammlung in der Winterbeker Börse mit 68 Mitgliedern abgehalten. Zum 1. Vorsitzenden wurde Walter Wiese, zum 2. Vorsitzenden Werner Fahrenkrog, Wanderwart Willi Oldenburg und Rennsportwart Willi Mazur gewählt. Im August meldete sich aus Offenburg erstmalig der Arbeiter-Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität und forderte seine ehemaligen Mitglieder zum Beitritt auf. In Kiel aber zögerte man noch. Man wollte frei sein von allen politischen Bindungen. Der RKB ist doch sehr traditionsbewußt.

Aus dem Protokoll: ,,Die Kieler Radsportgemeinschaft Solidarität ist aufgebaut und wird geführt nach den Grundsätzen demokratischer Regeln. Aufgabe ist die Gewährleistung eines ungebundenen, von politischen Einflüssen freien Sportbetriebes. Es kann daher jeder, ohne Unterschied des Glaubens, der Rasse, des Standes oder der politischen Einstellung die Mitgliedschaft erwerben. Der Sport wird ausschließlich aus Freude, Entspannung und Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit betrieben.“

Als Sportgruß wurde das traditionelle ,,Frisch auf“ von der Gründungsversammlung festgelegt, am 2. 2. 1946 dessen Beibehaltung bestätigt, nachdem der Kieler Verband für Leibesübungen ,,Gut Sport“ beschlossen hatte. Allerdings wurde die Anrede ,,Sportfreund“ anstelle von ,,Sportgenosse“ übernommen.

Der Kieler Verein blieb vorerst noch frei und ungebunden und schloß sich keinem Dachverband an. Landessportverband und BDR gab es ohnehin noch nicht wieder. Mitglied war man nur beim Kieler Stadtverband für Leibesübungen (dem heutigen Sportverband Kiel). Der damalige Radwanderwart Kapelke berichtete von Schwierigkeiten bei der Ausübung des Radfahrens. Es gab keine Räder, keine Reifen und kein Ersatzmaterial zu kaufen. Man sprach auch von mangelnden Kalorien – sprich, man hatte Hunger – und ein hungriger Magen kann schlecht Sport treiben. Der Vorstand appellierte an die Mitglieder, zusammenzuhalten und sich gegenseitig zu helfen.

Am 3. 9. 1946 standen 85 Mitglieder in der Liste. Aus Offenbach lag eine Einladung zum 50. Bundesjubiläum der Solidarität vor. Ein 6er-Kunstreigen und 3 Radball-Mannschaften aus Kiel nahmen teil. Das erste Bundestreffen fand im gleichen Monat in Mülheim statt. Einzige Radballspieler aus der Britischen Zone waren die Kieler.

Am 5. 11. 1946 wurde das erste Silvestervergnügen nach dem Kriege beschlossen. Es sollte in ,,Brunos Lust“ in Kronshagen stattfinden. Die Hallenradsportler erhielten Einladungen zu vielen Vereinsfesten, um dort das Programm mit Vorführungen zu bereichern. Nach jeder Versammlung wurde ab Dezember 1946 ein kleines Tanzvergnügen abgehalten. Meist waren 50 bis 60 Mitglieder anwesend. Man war froh, nach den schweren Kriegsjahren wieder fröhlich sein zu können. Für die Aktiven wurde bei einer Privatversicherung eine Versicherung abgeschlossen (über den Landessportverband oder den Bund Deutscher Radfahrer gab es noch nichts). Eine Vereinsdelegation berichtete von einer Sitzung der Sportverbände in Hamburg. Ein Wettlauf war entbrannt zwischen dem Deutschen Radfarer-Verein (dem späteren BDR) und dem ARKB Solidarität um die Anerkennung als Dachverband für alle Radsportler durch den Deutschen Sportbund.

Für die Teilnehmer der Silvesterfeier 1946 wurde ein Straßenbahnwagen gechartert – andere Verkehrsmittel gab es noch nicht.

In der Märzversammlung 1947 wurde vom Delegiertentreffen in Osnabrück berichtet. Die erste Zusammenkunft der Ortsgruppen der Britischen Zone. 157 Vereine waren dabei und arbeiteten eine Satzung aus, die von der Militärregierung aber noch nicht anerkannt wurde. Der Saalsport ruhte im Winter 1947 wegen zu großer Kälte. Die Hallen waren nur behelfsmäßig wieder hergerichtet und nicht beheizbar.

87 Mitglieder meldete der Vorstand in der Jahresversammlung am 1. 4. 1947. Klaus Albrecht wurde für nur drei Monate Vorsitzender. Eine Stromsperre erschwerte den Ab-lauf des Abends. Für den Wiederaufbau der Turnhalle an der Humboldtschule wurde eine Sammlung abgehalten. Jeden Sonnabend sollte in dieser Halle, die bis 1960 unse-re Heimat war, in Eigenarbeit aufgeräumt und aufgebaut werden. Das war eine Zeit!

Am 4. Juni 1947 wurde der aus Kriegsgefangenschaft heimgekehrte Walter Ernst wieder zum 1. Vorsitzenden gewählt. Mit 91 Mitgliedern trat der Verein dem neugegründeten Landessportverband bei. Eine Jubilarfeier fand am 21. Juni statt. Da es noch nicht genug Räder gab, machte man Fußwanderungen.

Am 8. 11. 1947 wurde die gemeinsam mit der FT Adler wiederaufgebaute Turnhalle der Humboldtschule am Knooper Weg eingeweiht. Beide Vereine hatten Arbeit und Kosten getragen )ob die Stadt Kiel sich dessen noch erinnert?).

Für die Weihnachtsfeier der Kinder am 22. 12. 1947 mußten für jedes Kind Lebensmittelmarken abgegeben werden. Sonst hätte man keine Kuchen (Selbstgebackene wie heute noch!) bieten können.

In der Dezemberversammlung wurde Dieter Vollmering, lange Jahre Radballspieler und später Kassenwart, als Jugendmitglied aufgenommen. 122 Mitglieder wurden Ende des Jahres gemeldet. 130 am 3. 3. 1948 in der Jahresversammlung. Am 7. 1. 1948 trat Otto Ernst, Sohn des damaligen Vorsitzenden, als Schüler ein. Diese beiden und unser Ehrenmitglied Walter Wiese (Eintritt 1926) sind jetzt unsere längsten Mitglieder.

Für die Saalkunsträder mußte eine Pacht an die Militärregierung gezahlt werden, da sie vorerst noch beschlagnahmt waren und als Leihmaterial galten (obwohl Vereinseigentum bis 1933, bzw. beim KRV bis 1945).

Am 30. Mai 1948 trafen sich die schleswig-holsteinischen Radsportvereine in Neumünster und gründeten einen Landesfachverband Radsport und Rollsport(!). 1. Vorsitzender wurde Erich Wentz von der Kieler Radsportgemeinschaft.

Die erste Ausfahrt des Jahres machten die Radwanderer mit 16 Teilnehmern nach Flemhude, nachdem in der Versammlung Rad- und Fußtouren geplant wurden. Bezugscheine für Sportkleidung wurden vom Kieler Sportamt ausgegeben. Man erinnere sich: alle Waren gab es nur auf Lebensmittelkarten oder Kleidung und anderes auf Bezugscheinen. Erst mit der Währungsreform am 20. 6. 1948 wurde die Rationierung aufgehoben. Hugo Wetzel wurde am 7. Juli 1948 Mitglied der Radsportgemeinschaft. Er vertrat insbesondere die Interessen der Kieler Radrennfahrer und wurde Motor vieler Veranstaltungen.

Am 26. 9. 1948 wurde das erste Radrennen nach dem Kriege in Schleswig-Holstein in Neumünster gestartet. Am 1. 12. 1948 wurde dann auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) in Frankfurt wieder gegründet. Er wurde von der Militärregierung als Dachverband aller Radsportler der Westzonen Deutschlands anerkannt.

Der Übergang zum BDR

In der Februar-Jahresversammlung der RG 1949 beschlossen die Kieler Radsportler nach vielen Diskussionen, sich für den BDR zu entscheiden und beizutreten. Die Richtung des RKB Solidarität wurde als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Nur beim BDR gab es die Möglichkeit, an Meisterschaften teilzunehmen und internationale Kontakte zu pflegen. Z. B. nach Dänemark.

Gleichzeitig beschloß die Versammlung, den Vereinsnamen zu ändern: ,,Radsportgemeinschaft Kiel von 1896″ sollte er von da an sein. Viele Kieler Sportvereine gaben zu der Zeit ihren Status als Arbeitersportvereine (Freie Turnerschaften) auf. Die strenge Regelung aus der Zeit vor 33 mit den ,,bürgerlichen“ und ,,Arbeitersportvereinen“ war überholt.

154 Mitglieder zählte die RG Kiel am 2. 3. 1949. Am 20. 3. 49 wurde der BDR-Gau Schleswig-Holstein in Kiel gegründet. 1. Vorsitzender wurde Sportfreund Henning aus Neumünster.

Das Rennen ,,Rund um den Kleinen Kiel“ wurde von der RG Kiel am 22. 5. 1949 zum erstenmal ausgerichtet. Am 4. 9. 49 das erste Lutherstraßenrennen. Die Rennfahrerabteilung der RG war besonders aktiv. Wenig bekannt ist auch, daß nach dem Kriege bei der Radsportgemeinschaft eine Rollsportabteilung bestand, die sich aber im Dezember 1949 selbständig machte.

Selbständig machte sich auch Hugo Wetzel, der am 7. 12. 1949 aus der RG austrat und die Holstein-Radsportabteilung gründete. Mehrere Rennfahrer begleiteten ihn. Der Mitgliederstand schrumpfte auf 111.

Der Gau Schleswig-Holstein des BDR wurde von Sportfreund Rosner geführt, ging dann aber in den ab Ende 1949 von Hugo Wetzel geführten Fachverband Radsport auf. Dieser nannte sich dann später Radsportverband Schleswig-Holstein im BDR.

Am 5. April 1950 übernahm Walter Ernst das Fahrradgeschäft ,,Frischauf“ am Exer in eigene Regie. Die Hallenradsportler wirkten regelmäßig bei den nun folgenden Kieler-Woche-Veranstaltungen mit. Überhaupt entwickelte sich mit der besseren wirtschaftlichen Lage ein reger Sportbetrieb. Hallenradsportler und die rührige Rennabteilung beteiligten sich an vielen Veranstaltungen. Bekannte RG-Sportler waren zu jener Zeit die Radballer Walter Wiese, Hermann Glüsing, Werner Maschmann, Otto Böse, Erich Wentz, Dieter Vollmering, Günter Schmidt; die Rennfahrer Walter Schlünss, Erich Sander, Willi Mazur, Karl Krabbenhöft, Hugo Wetzel, Karl Schröder, Niels Niedner, Balzer; die Kunstfahrer Wilhelm Schmidt, Max Petersen, Werner Fahrenkrog, Gustav Körner sen. und jun., Walter Ernst, Ike Gosch, Waltrauf Jöhnk, Ingeburg Groth, Helga Boldt, Dora Dahm, Karin Schneidewind, Helga Meimerstorf, die Geschwister Ellen und Ilse Wiese, Regina Eisenblätter und viele andere.

Gustav Körner jun. trat in die RG am 4. 10. 1950 ein. Erst als jugendlicher Kunstfahrer, dann später Jugendwart, Trainer Kunstfahren, Radwanderwart, zwischenzeitlich drei Jahre als Rennfahrer, Kassenwart, 2. Vorsitzender und schließlich Vorsitzender.

Im Oktober 1950 nahmen die Kunstfahrer und Radballer zum erstenmal an einer Deutschen Meisterschaft in Mönchengladbach teil. Damals das Ereignis. Kurz darauf konnten mit Unterstützung des LSV die ersten 8 Saalsporträder angeschafft werden.

Bemerkenswert: 58 Mitglieder nahmen an einer normalen Versammlung teil. 1951 wurden von der RG drei Radrennen durchgeführt. So auch auf dem Ostufer und um den Hohenzollernpark (später Schrevenpark) . Am 31. Mai 1951 gründete Hugo Wetzel den Kreisverband des BDR in Kiel. Ihm gehörten die Vereine RC Friedrichsort, Radsportgemeinschaft Kiel und die Holstein-Radsportabteilung an. Auf dem Ostufer bestand bei Holsatia eine Solidaritäts-Radsportabteilung, ebenso in Laboe und Mönkeberg.

RGer planten für den Sommer 1951 sogar ein Zeltlager, das dann aber nur im kleinen Kreis stattfand. Mitglieder der RG und von Holstein nahmen im Auftrage des Kreises gemeinsam die Prüfungen für das Deutsche Sportabzeichen und das Radsportabzeichen ab, wie auch heute noch, seit über 40 Jahren.

1952 war bemerkenswert ein Radballvergleichskampf zwischen Kiel und Chemnitz (damals DDR). BDR und Soli-RKB gründeten einen gemeinsamen Arbeitsausschuß für Veranstaltungen. Gemeinsame Meisterschaften wurden durchgeführt.

Am 6. 8. 52 wurde der Austritt aus dem Kreis Kiel beschlossen, da die Zusammenarbeit mit Holstein (Hugo Wetzel) und Friedrichsort nicht mehr möglich schien.

RGer waren auch Teilnehmer bei den Deutschen Meisterschaften Hallenradsport in Schwäbisch-Gmünd und Hamburg 51/52. Die Kieler Ostseehalle sah 1952 die Bundesversammlung des BDR. Wegen zu großer Teilnehmerzahl (!) mußte bei der Kinderweihnachtsfeier bei Zwölfjährigen eine Grenze gezogen werden.

Am 1. 7. 1953 trat der langjährige technische Leiter Erich Wentz von seinem Amt zurück.

 Am 7. 4. 1954 wurde beschlossen, das Kieler-Woche-Rennen vom BDR Kreis Kiel und seinen drei Vereinen gemeinsam ausrichten zu lassen.

Günter Schmidt und Dieter Vollmering nahmen mit Betreuer Gustav Körner an der DM 1954 in Passau teil. Sportkontakte zur DDR liefen weiterhin. Im November 1954 reisten Hallenradsportler der RG Kiel nach Schwerin. Es gab auch Gegenbesuche, sogar von Rennfahrern, die später sehr bekannt wurden.

Friedrichsort zog sich aus der Kreisarbeit wieder zurück. Auf dem Exer fand alljährlich zur Kieler Woche ein Schaufahren der Hallenradsportler statt. Großes Publikums-interesse. Die Kunstfahrer waren bei vielen Vereinsfesten im Programm dabei.

Die Radwandergruppe unter der Leitung von Gustav Körner jun. veranstaltete in den Sommermonaten der Jahre 54 bis 59 viele Touren. Im Jugendheim am Schützenpark traf sich bis 1958 eine sehr aktive Jugendgruppe.

Im Januar 1956 trat Hugo Wetzel wegen eines Verkehrsunfalls als Verbandsvorsitzender zurück. Sein Nachfolger wurde Wilhelm Herzog von der RG Kiel. Zwei weitere Mitglieder der RG kamen in den Verbandsvorstand: Heinrich Hölzel als Kassenwart und Gustav Körner jun. als Radwanderwart. Vorher schon Jugendwart. Letzterer schien überhaupt sehr gefragt. In der Hauptversammlung 1956 wurde er neben diesen Ämtern auch noch 2. Vorsitzender der RG bis 1959.

Die Rennabteilung der RG hatte mit ihren Jugendfahrern gute Erfolge bei vielen Veranstaltungen der Jahre 1956 bis 1959 (u. a. Horst Meyer, Bruno Dahm, Gert Wolff, Hermann Klinck u. a.).

1957 wurden von 16 Wanderfahrern 12 171 km zurückgelegt. 8 Wanderradler nahmen an Städtefahrten teil. Der Verein erreichte in der Bundeswertung den 10. Platz, in der Einzelwertung Herbert Schmidt den 5. Platz. Er wurde dann bald als Nachfolger von Gustav Körner Vereins- und Landeswanderwart.

Die Hallenradsportler hatten bei der Benutzung ihrer Übungshalle an der Humboldtschule große Schwierigkeiten. Sie wurden von der Schulleitung nicht gern gesehen. Das zog sich über Jahre hin und endete 1961 mit dem völligen Rausschmiß. Auch das Geld war knapp. Einmal mußten die Landesmeisterschaften wegen Geldmangels ausfallen. Wilhelm Herzog, LV-Vorsitzender aus der Radsportgemeinschaft, erkrankte schwer und starb 1959.

Erste Kontakte wurden nach Aarhus geknüpft. Vereinsbeiträge 1958: Jugendliche 0,60 DM, Erwachsene 1,10 DM. Mehrfache Gespräche zwischen BDR und Soli wegen eines Zusammenschlusses waren erfolglos.

Der Vorstand beklagte Ende der 50er Jahre den schlechten Versammlungsbesuch in der ,,Johannesburg“. Die Monatsversammlungen fanden bald nicht mehr regelmäßig statt, obwohl Rennfahrer, Wanderfahrer und Hallenradsportler noch sehr aktiv waren. Den Kunstfahrern machte allerdings die Hallenmisere sehr zu schaffen. Zeitweilig mußte im Gymnasium am Ravensberg trainiert werden. Der Kreis Kiel veranstaltete im April 1958 eine Wanderfahrt nach Borgwedel. Einige Touren fielem schlechtem Wetter zum Opfer.

Mit der Jahresversammlung vom 7. 3. 1959 endeten die Protokollaufzeichnungen der Schriftführerin Antje Körner. Sie berichtete noch einmal von den Wahlen: Walter Ernst 1. Vorsitzender, Roman Ehrich 2. Vorsitzender, Walter Wiese Hauptkassierer (auch schon viele Jahre), Gustav Körner Jugendwart, Herbert Schmidt Wanderwart, Antje Körner Schriftwartin. Die Einnahmen betrugen 655,85 DM, Ausgaben 608,47 DM, Kassenbestand also 47,38 DM.

Die Aufzeichnungen der Jahre 1960 bis 1968 sind, wenn überhaupt vorhanden, verlorengegangen. Daher kann nur aus dem lückenhaften Gedächtnis berichtet werden.

Ende 1960 gab es keine Möglichkeit zum Trainieren mehr. Das Vereinsleben schlief fast vollständig ein. Die Mitgliederzahl schrumpfte auf fast Null im Jahre 1963. Erst mit der Fertigstellung   der   Bresthalle  1964   konnte   der   Sportbetrieb  wieder   aufgenommen werden. Eine kleine Gruppe Radballer fand sich wieder zusammen. Walter Ernst stellte sich für den Vorsitz nicht wieder zur Verfügung. Klaus Holderbaum, total neu im Radsport, wurde von Wilhelm Schmidt überzeugt und übernahm das Amt des Vorsitzenden. Mit kleinen Mitgliederzahlen (unter 50) wurde ein kleiner Sportbetrieb (ausschließlich Radball) durchgeführt. Die Abteilungen Kunstfahren, Wanderfahren und Rennfahren konnten nicht wieder aktiviert werden. Man entschloß sich, das Rennfahren aus Kostengründen ganz aufzugeben.

In der Jahresversammlung 1968 (19 Teilnehmer) übergab Klaus Holderbaum den Vorsitz an Kurt Runge und begnügte sich mit dem 2. Vorsitzenden. Gustav Körner jun., inzwischen nach vier Jahren Arbeit in Nürnberg, wurde Kassenwart und leitete die Vereinsgeschäfte, Klaus Flor wurde Schriftwart. Erst am 30. 1. 71 fand die nächste Jahresversammlung statt. Wieder gab es einen neuen Vorstand. Die bis dahin inoffizielle Führung der RG Kiel übernahm Gustav Körner jun. nun für zwei Jahre. 2. Vorsitzende wurde Ruth Runge, Kassenwartin Ursula Flor, Schriftführer Günter Flor.

Ganz allmählich entwickelte sich nun der kleine Verein mit der neuen Führung. Turniere wurden besucht, mehrfach auch in Dänemark. Die Zahl der jungen Aktiven stieg an. Das 75jährige Jubiläum wurde nach intensiver Vorarbeit im Kieler Kanu-Klub gefeiert. Material konnte angeschafft werden. Es waren die Jahre der Mannschaften Günter Schmidt/Dieter Vollmering und der Brüder Klaus und Günter Flor. Aus Flensburg die Konkurrenz mit Hartmut Miersen/Werner Schäfer und Günter Maßmann/Siegfried Stein.

1974 gab es trotz einer gut funktionierenden Radballtruppe erneut einen Vorstandswechsel. Gustav Körner kandidierte wegen Querelen nicht wieder. Günter Flor übernahm für zunächst zwei Jahre den Vorsitz, 2. Vorsitzender Günter Schmidt, Geschäftsführer Gustav Körner, Kassenwart Dieter Vollmering, Hallensportwart Klaus Flor (bis heute).

Ein durchgreifender Wandel setzte dann im Laufe des Jahres 1974 ein. Das Ehepaar Meyer kam zu uns. Horst und Jutta aktivierten in mühsamer Kleinarbeit das Radwandern. Die Zeit war reif für den Breitensport und eine Renaissance des Radwanderns in der Natur. Eine Rückbesinnung half. Die Mitgliederzahl stieg sprunghaft an. Viele Veranstaltungen wurden organisiert. Im August 1974 beteiligten sich nach fast 15 Jahren Stagnation 85 Radwanderer an der ersten Tour zum Westensee.

Tatkräftige Mitarbeiter fanden sich ein (Ehepaar Roschmann, Ehepaar Seidel, Ehepaar Hill, Klaus-Otto Rabe). Eine Satzung wurde geschaffen, die RG wurde e. V., Horst Seidel beschaffte bei der Kanu-Vereinigung Kiel in deren Heim die Möglicheit für Monatsversammlungen, die bis dahin üblichen Handzettel für die Einladungen zu Veranstaltungen wurden durch die von Joachim Roschmann gefertigte neue Vereinszeitung ersetzt (sie besteht jetzt 22 Jahre). Ein bis heute wichtiges Instrument zur Information aller Mitglieder.

Die RG Kiel blühte auf. Die Mitgliederzahl stieg von Jahr zu Jahr, bis fast der Stand von 1948 wieder erreicht war. 1975 nahmen schon 40 Mitglieder an der Jahresversammlung teil. Wanderwart Horst Meyer organisierte mit einer Fülle von Ideen und Veranstaltungen den Radwanderbetrieb. Helfer standen ihm zur Seite. Vereinsgeschäftsführer war immer noch Gustav Körner und hatte die Fäden in der Hand.

Die RG beteiligte sich an den Bundeswertungen im Radwandern, das 80jährige Jubiläum wurde mit großer Beteiligung im KKK gefeiert. 1976 übernahm Gustav Körner wieder den Vereinsvorsitz (und immer noch). 2. Vorsitzender Horst Seidel.

Natürlich ging auch jetzt nicht immer alles reibungslos. Horst Meyer gab aus gesundheitlichen Gründen den Radwanderwart  1977 ab. Joachim Roschmann (Roschi) sprang mit viel Elan ein und konnte die Erfolgsjahre des Radwanderns fortsetzen. Viele Veranstaltungen brachten uns neue Mitglieder. Die Kunstfahrabteilung wurde wieder ins Leben gerufen. Bescheiden, mit einigen Mädchen im Einer-Kunstfahren, die aber recht erfolgreich waren. Die ersten Bundessieger im Radwandern konnten 1975 mit Joachim Roschmann und 1976 mit Silke Meyer, Jutta Meyer, Horst Meyer, Dierk Vogt und Bernd Schmidt geehrt werden.

Die Erfolge der Wander- und Hallensportler setzten sich auf allen Ebenen fort.

Harald Mann löste Horst Seidel 1978 als 2. Vorsitzender ab. 1977 kam Willi Schmidt zu uns entwickelte sich zu einem tatkräftigen Mitarbeiter. 1979 löste er ,,Roschi“ ab, der  beruflich nach Hamburg ging und dort die RG Hamburg-West gründete.

Willi Schmidt konnte die Erfolgslinie seiner beiden Vorgänger noch weiter ausbauen und mit einem Stab eifriger Mitarbeiter Jahr für Jahr für die RG-Mitglieder und auch für die Öffentlichkeit mit einem ständigen Radlertreff große Erfolge erringen.

Nach dem 2. Platz in der Bundeswertung Radwandern 1979 gelang ihm 1980 der große Wurf. Der erste Sieg in der Bundeswertung für Vereine im Radwandern.

Jahr für Jahr gab es nun gute Erfolge. Einzelbundessieger Radwandern und Spitzenplätze in der Vereinswertung. Neunmal bester Verein in Deutschland bis 1996. Viele 2. und 3. Plätze. Jährlich eine Ferienfahrt zu den Bundestreffen der Radwanderer. Damit auf lange Jahre die erfolgreichste und aktivste Radwanderabteilung aller deutschen Radsportvereine. Willi Schmidt baute die Kieler zur Vorbildabteilung auf Bundesebene aus. Und wurde nicht ohne Grund Fachwart für Radwandern im Land und Referent für Radwandern im BDR.

Auch in der Bresthalle blühte der Sport auf. Zahlreiche Landesmeisterschaften in allen Klassen konnten errungen werden. Die RG wurde im Radball in Schleswig-Holstein führend. Insbesondere der Radball-Nachwuchs aus den langjährigen Mitgliedsfamilien Ersnt, Vollmering und Körner schrieb die Geschichte der Jahre 78 bis 90. Von der Schüler- bis zur Amateurklasse holten die Söhne der ehemals aktiven Väter Titel und Erfolge im Radball. Oliver und Michael Vollmering, Kai Ernst, Tim und Rainer Körner, mit ihren Partnern Sönke Pries, Bernd Schmidt, Bodo Schläper, dazu bei den Amateuren Svennor Kähler, Günter und Klaus Flor. Natürlich noch viele andere. 42 Jugendliche!!!

Höhepunkt des Radballgeschehens war in jenen Jahren die Durchführung der Endrunde im Bundespokal Radball in Kiel. Die deutsche Spitzenklasse mit Weltmeistern und Deutschen Meistern gab sich in der Bresthalle 1984 die Ehre.

Die Mädchen Susanne und Silke Meyer, Hedda Meier, Tonia Körner vom Schülerinnenalter an, Dierk Vogt und kurzzeitig noch andere trainierten mit Gustav Körner fleißig das Einer-Kunstradfahren und konnten auf Landesebene gute Erfolge erreichen. Schwierigkeiten bereitete dann aber immermehr die Heranziehung und der Ersatz für die aus beruflichen und familiären Gründen ausscheidenden Experten.

Daran mangelte es in der Radwanderabteilung, zumindest in den älteren Jahrgängen nicht. Wenn auch hier Jugendliche rar sind, kann sich Willi Schmidt auf einen umfangreichen und aktiven Mitarbeiterstab verlassen.

Immer neue Ideen und Veranstaltungen wurden geboren. Tourenleiter wie Klaus-Otto Rabe, Willi Meier und Ulla Przybilla sorgen für die Aufrechterhaltung des regelmäßigen Programms beim Radlertreff, den Wochenendtouren und vielen anderen. Für die Ferienfahrten zu den Bundestreffen engagierten sich Hans Ingomar Olsen und Gustav Körner, für die ,,Bildungsreisen“ ins Ausland nach Ungarn, nach Tschechien, nach Polen, Italien u. a. Peter Hill. Für die Ferienreisen in die neuen Bundesländer engagierten sich besonders Elke und Dietmar Seiler.

So ist es kein Wunder, wenn in den letzten zehn Jahren regelmäßig um die 200 Touren im Jahr veranstaltet werden, mit denen die Radsportgemeinschaft Kiel immer an der Spitze der Radwandervereine zum Vorbild wurde. Erst 1995 wurden die Kieler zum 9. Male Bundessieger der Radwanderer. Das ist besonders ein Verdienst um den ,,harten Kern“ der oben genannten, die immer wieder viele Radwanderer zum Mitmachen animieren und begeistern.

Durch die Veröffentlichung des Terminkalenders in den Zeitungen interessieren sich auch immer wieder Radwanderer aus Kiel und Umgebung für uns und werden über kurz oder lang Mitglied der RG.

Es gelang sogar zwei neue Radsportarten in Kiel einzuführen. Ab 1985 organisierte Bernd Schmidt  das Radtourenfahren. Eine sportliche Variante des Radwanderns mit Rennrädern ohne Sieger, aber mit einer Punktejahreswertung. Radtourenfahren wurde die Heimat der ,,flotten Radler“ zwischen 20 und 60, die gerne auch einmal extreme Touren im Ausland fahren (Vettern-Runde über 300 km in Schweden, Trondheim-Oslo mit 500 km, rund um Seeland, rund um den Bodensee und andere). Die Super-Cups mit 6 Touren über 200 km gehören auch dazu. Die normalen Strecken liegen aber zwischen 70 und 150 km, je nach Neigung. Diese Radsportart hat auch in Schleswig-Holstein viele Anhänger gefunden.

Als nächste Variante hat sich das Mountainbiking wie überall auch in Kiel entwickelt und wurde seit 1992 Sparte in der Radsportgemeinschaft. Rund dreißg junge Leute zwischen 15 und 30, aber auch einige ältere, begeistern sich für die hochtechnisierten Geländeflitzer. Florian Böß, Hilmer Ennulat, Jörg Schruhl und neuerdings Carsten Scheibe kümmern sich um die Organisation der Gruppe. Der öffentlich stark beachtete Start mit einem Mountainbike-Rennen im Düsternbrooker Gehölz zur Kieler Woche 1992 konnte rennmäßig nicht fortgesetzt werden, da weitere Rennen aus Umweltgründen im Kieler Raum nicht mehr genehmigt wurden. Doch das hinderte unsere MTBer nicht, an Rennen in Schleswig-Holstein, Hamburg und weiter entfernt, sogar in der Schweiz, teilzunehmen und gute Erfolge zu holen. Die ,,Fun-Fahrer“ radelten mit Hilmer Ennulat aber auch sehr viel in der Kieler Umgebung.

Der Name der Radsportgemeinschaft Kiel wurde durch die Aktivitäten unserer Sparten in ganz Deutschland bekannt. Gefragt sind deshalb auch die Führungsqualitäten ihrer Funktionäre. Der Landesvorstand holte sich Bernd Schmidt als Präsidenten, Gustav Körner als Vizepräsidenten und mehrere Fachwarte. Willi Schmidt ist auf Bundesebene schon viele Jahre zuständig für das Radwandern.

Und im Jubiläumsjahr ist der engere Vorstand der RG Kiel, dank des Vertrauens seiner Mitglieder, schon viele Jahre im Amt. Wie auf Seite 7 vorgestellt mit dem Vorsitzenden Gustav Körner, dem 2. Vorsitzenden Willi Schmidt, dem Kassenwart Bernt Gruhlke und den Fachwarten Bernd Schmidt, Klaus Flor, Carsten Scheibe und bis 1996 Jugendwart Tim Körner, sein Nachfolger jetzt Nico Lill.

Neue Gesichter tauchen aber auch auf, neue Namen. Sie prägen das Bild der RG Kiel in der Neuzeit. Mögen sie in der Lage sein, die RG Kiel noch lange erfolgreich um alle Klippen und durch alle Schwierigkeiten zu führen.

Dann werden nach 100 noch viele weitere Jahre geschafft.

Gustav Körner